Fragen und Antworten

Die Gletscher-Initiative fördert Diskussionen rund ums Thema Klima. Im Q&A findest du Antworten auf zahlreiche Fragen.

Du kannst das Q&A durch das Auswählen von Kategorien durchforsten oder die Volltextsuche nutzen, wenn du nach einem bestimmten Stichwort suchst.

Was ist aus der Gletscher-Initiative geworden?

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Initiative Indirekter Gegenvorschlag

Die Gletscher-Initiative wurde am 5. Oktober 2022 zugunsten des indirekten Gegenvorschlags (Klimaschutz-Gesetz) zurückgezogen. Weil die SVP das Referendum ergriffen hat, fand am 18. Juni 2023 eine Volksabstimmung über das Klimaschutz-Gesetz statt. 59,1% der Stimmbevölkerung hat sich darin für das Klimaschutz-Gesetz ausgesprochen. Seither begleitet der Verein Klimaschutz Schweiz die Umsetzung des Klimaschutz-Gesetzes.

Im Februar 2024 gab der Verein Klimaschutz Schweiz bekannt, dass er eine neue Volksinitiative lancieren wird.

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Worum ging es bei der Gletscher-Initiative?

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Initiative Klimawissen

Der Klimawandel bedroht das Überleben der menschlichen Zivilisation auf unserem Planeten. So gesehen: Es geht um alles. Der Spezialbericht des Weltklimarats IPCC vom Oktober 2018 hat gezeigt: Wenn sich das Klima nur schon um 2 Grad erwärmt, fallen die negativen Folgen bereits weit gravierender aus als bei einer Erwärmung um 1,5 Grad (die bisherige Erwärmung liegt bei 1 Grad). Gegenwärtig sind aber die meisten Staaten – darunter die Schweiz – auf einem Kurs, der auf 3, 4 oder mehr Grad Erwärmung hinausläuft. Die Schweiz kann die Klimaerwärmung nicht alleine aufhalten. 2015 haben die Uno-Mitgliedstaaten das Übereinkommen von Paris verabschiedet. Nun geht es darum, das Vereinbarte in den einzelnen Staaten umzusetzen: Bis 2050 müssen die Treibhausgasemissionen – netto – auf null sinken. Bis dann muss somit auch die Ära der fossilen Energie beendet werden. Das ist die zentrale Forderung der Gletscher-Initiative. Nähmen Bundesrat und Parlament das Abkommen ernst, wäre unsere Volksinitiative nicht nötig.

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Wo kann ich eine Gletscher-Fahne bestellen?

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Initiative

Du kannst weiterhin Gletscher-Initiative-Material bestellen. Hier lang.

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Was fordert die Gletscher-Initiative?

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Initiative Klimawissen

Die Treibhausgasemissionen der Schweiz müssen bis spätestens 2050 auf – netto – null sinken. Konsequenterweise muss auch die Nutzung fossiler Brenn- und Treibstoffe bis spätestens 2050 aufhören. Ausnahmen sind möglich, wo es keine technischen Alternativen gibt – sofern die dadurch verursachten CO2-Emissionen durch Senken kompensiert werden. Schliesslich verlangt die Initiative, dass die Klimapolitik so umgesetzt wird, dass sie sozialverträglich ist und die Volkswirtschaft stärkt. Die notwendige Transformation ist auch eine Chance für Wirtschaft und Gesellschaft – wenn man sie denn nutzt.

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Wer steht hinter der Gletscher-Initiative?

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Initiative

Der Verein Klimaschutz Schweiz ist ein 2018 gegründeter, unabhängiger und überparteilicher Verein. Er hat im Januar 2019 die Lancierung der Gletscher-Initiative beschlossen. Der Verein ist unabhängig – aber nicht allein: Selbstverständlich arbeitet er mit bestehenden Organisationen und Parteien zusammen, die seine Ziele teilen. Wie der Verein ist auch das Initiativkomitee breit abgestützt. Von fast jeder grossen Partei der Schweiz sitzt ein Bundesparlamentarier oder eine Bundesparlamentarierin im Komitee. Ausserdem sind vertreten: die Jugend und das Alter, die Wissenschaften und die Wirtschaft, die Landwirtschaft und der Wintersport, die Kirchen, Männer und Frauen, Personen aus allen Landesteilen.

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Weshalb heisst die Initiative «Gletscher-Initiative?»

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Initiative

Das Verschwinden der Gletscher ist die augenfälligste Folge des Klimawandels hier in der Schweiz. Gletscher speichern Wasser; ohne Gletscher droht in der Zeit der Schneeschmelze Hochwasser, während im Sommer Bäche und Flüsse versiegen können. Der grössere Teil der heutigen Gletscher wird schmelzen – selbst wenn die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden. Die sterbenden Gletscher sind ein Fanal. Was hier geschieht, muss in anderen Bereichen verhindert werden. Denn es geht um viel mehr als «nur» um die Gletscher: um die Nahrungsproduktion, die Gesundheit, die Artenvielfalt, die wirtschaftliche Produktion, politische Stabilität … und letztlich um das Überleben der menschlichen Zivilisation.

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Was bedeutet «netto null» und was ist eine Treibhausgassenke?

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Initiative Klimawissen Netto-Null

Die Umweltwissenschaften sprechen von «Quellen» und «Senken»: Alles, was Treibhausgase ausstösst, ist eine Quelle. Alles, was Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernt, ist eine Senke. Senken sind beispielsweise Wälder, deren Biomasse zunimmt, oder Böden, deren Humusanteil steigt. Es ist aber auch denkbar, CO2 in künstlichen Senken zu entsorgen – beispielsweise in leeren Erdgaslagerstätten. Wenn die Menschheit gleich viele Treibhausgase ausstösst, wie die Senken der Atmosphäre zu entziehen vermögen, liegt der Ausstoss netto bei null. Doch das Potenzial natürlicher Senken ist begrenzt, und künstliche Senken sind in grossem Stil noch nicht erprobt. Es wäre fahrlässig, weiterhin aus fossile Energien zu setzen in der Hoffnung, das ausgestossene CO2 lasse sich in Zukunft durch irgendwelche Senken wegzaubern.

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Was bedeutet die Klimaerwärmung für die Schweiz? Und für die Welt?

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Klimawissen

In der Schweiz ist die Durchschnittstemperatur bisher doppelt so stark gestiegen wie weltweit. Die Auswirkungen sind vielfältig – Hitzesommer wie 2018 oder 2003 haben einen Vorgeschmack gegeben. Deutlich mehr Hitzetage führen zu vorzeitigen Todesfällen. Auftauende Böden im Hochgebirge sind weniger stabil, es kommt zu mehr Erdrutschen und Bergstürzen. Der Fichte wird es zu warm, Schutzwälder sind gefährdet. Die Gletscher schwinden und können nicht mehr als Wasserspeicher dienen. Die Landwirtschaft kämpft mit längeren Trockenperioden; Schädlinge vermehren sich stärker. Je wärmer es wird, desto schwieriger und teurer wird es, sich daran anzupassen.

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Warum müssen die CO2-Emissionen im Jahr 2050 null erreichen?

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Initiative Klimawissen Netto-Null

Soll die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden, müssen die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen bis 2050 weltweit auf null sinken. Das geht aus dem im Oktober 2018 präsentierten Spezialbericht des Weltklimarats IPCC hervor. Die Schweiz als reiches Land ist verpflichtet, klimapolitisch voranzugehen. Unsere Emissionen müssen deshalb spätestens 2050 netto null erreichen.

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Warum kompensieren wir unsere Emissionen nicht im Ausland, wo es billiger wäre?

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Initiative

Zur Zeit ist es kostengünstiger, im Ausland Treibhausgase zu reduzieren als in der Schweiz. Ein internationaler Handel mit CO2-Reduktionen gilt als ökonomisch «effizient», weil er dafür sorge, dass zuerst da reduziert werde, wo es am wenigsten koste. Allerdings: Wir müssen alle Emissionen eliminieren, und die Zeit drängt. Wenn wir uns die Aufgabe jetzt leicht machen, indem wir Reduktionen im Ausland erwerben, statt selber zu handeln, wird es später nur umso schwieriger. Wenn die Schweiz heute im Ausland «kompensiert», statt die eigene Wirtschaft fossilfrei umzubauen, betreibt sie Strukturerhalt und schiebt die Verantwortung auf die kommende Generation ab.

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Welche politischen Instrumente gibt es, damit die Schweiz bis 2050 klimaneutral wird, wie es die Gletscher-Initiative fordert?

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Initiative Netto-Null

Als Ziel-Initiative gibt die Gletscher-Initiative die politischen Instrumente nicht vor: Das wird Sache des ausführenden Gesetzes sein. Einzig die Innovations- und Technologiepolitik ist in Absatz 4 explizit vorgesehen. Wir haben aber natürlich Ideen, wie sich die Gletscher-Initiative umsetzen lässt. Infrage kommen – neben der Technologiepolitik – Vorschriften für die Klimaverträglichkeit neuer Anlagen und Infrastrukturen, Lenkungsabgaben, Mengenbegrenzungen («Cap and Trade»), Effizienzstandards oder Anpassungen in Bereichen wie Energiepolitik, Landwirtschaftspolitik, Raumplanung. Vor- und Nachteile der jeweiligen Instrumente skizzieren wir im Erläuternden Bericht zur Gletscher-Initiative.

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Die Schweiz verursacht ein Promille der weltweiten Emissionen. Wenn wir unsere Emissionen auf null senken, bringt das gar nichts.

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Initiative Klimawissen

Die Zahl ist korrekt. Aber wenn alle ihre Emissionen auf null senken müssen, dann auch die Schweiz. Als reiches, innovatives Land haben wir rechtlich wie moralisch eine besondere Verpflichtung. Wir können entscheiden, ob wir ein Zeichen des Muts setzen wollen – oder eines der Feigheit. Ob wir den nötigen technologischen Umbau als Chance nutzen – oder den Zug verpassen. Die Begrenzung des Klimawandels ist auch eine Frage der Menschenrechte. Die Schweiz ist – als Sitzland des Roten Kreuzes, als Depositarstaat der Genfer Konventionen – stolz auf ihre humanitäre Tradition. Es stünde ihr schlecht an, ihre klimapolitischen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Und wenn die Schweiz Wege aufzeigt, wie die Transformation zu einer Welt ohne fossile Energien und ohne Treibhausgasemissionen gelingen kann, strahlt sie über die eigenen Grenzen aus.

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Ist die Schweiz nicht bereits ein ökologisches Musterland?

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Initiative Klimawissen

Nein. Es gab eine Zeit – die 1980er Jahre –, da war die Schweiz umweltpolitische Vorreiterin. Aber davon ist wenig übrig geblieben. Betrachtet man die Emissionen pro Kopf, liegen Schweizerinnen und Schweizer ziemlich genau im globalen Durchschnitt. Betrachtet man aber, wieviele Emissionen der schweizerische Konsum weltweit verursacht, gehören wir zu den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen überhaupt. Dass die Inlandemissionen nicht höher sind, ist nicht so sehr ein Verdienst der Schweiz, sondern vor allem darauf zurückzuführen, dass es in der Schweiz kaum Schwerindustrie gibt und dass die Stromproduktion dank der Berge vor allem mit Wasserkraft möglich ist.

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Kann man die Emissionen bis 2050 überhaupt auf netto null senken? Wie sieht eine Welt ohne Treibhausgasemissionen aus?

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Netto-Null

Zahlreiche wissenschaftliche Szenarien zeigen, wie der Ausstieg aus den fossilen Energien geschafft werden kann – auch wenn niemand weiss, welches Szenario eintreten wird. Es ist keine Frage der technischen Möglichkeit, sondern des politischen Willens. Es wird nicht leicht werden, den wichtigsten Energieträger aufzugeben und die Landwirtschaft so umzustellen, dass sie – idealerweise – der Atmosphäre CO2 entzieht, statt Treibhausgase zu produzieren. Die Welt wird eine andere sein. Aber es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es eine schlechtere Welt sein wird: Den nötige Wandel bietet Chancen – ökonomische Chancen, Chancen für die Gesellschaft – und natürlich für die Umwelt.

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Woher nehmen wir die Energie, wenn es kein Erdöl, kein Erdgas und keine Kohle mehr gibt?

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Netto-Null

Das Potenzial der erneuerbaren Energieproduktion ist enorm. Intelligente Strukturen erlauben schon heute eine sparsamere und effizientere Energienutzung. Dank der Einsparungen kann unser Energiebedarf gesenkt werden. Somit muss nicht alle fossile Energie, die wir heute nutzen eins zu eins ersetzt werden. Damit neue Energietechniken sich durchsetzen können, müssen Kapazitäten aufgebaut, Verbrauchsmuster geändert und die infrastrukturellen und institutionellen Voraussetzungen angepasst werden. Deshalb fordert die Gletscher-Initiative eine aktive Innovations- und Technologiepolitik.

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Was kostet der Ausstieg aus den fossilen Energien?

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Initiative Wirtschaft

In den letzten 20 Jahren gab die Schweiz durchschnittlich über 7 Milliarden Franken pro Jahr für fossile Energie aus. Das Geld fliesst in Länder wie Saudiarabien oder Russland. Der Umbau der Wirtschaft hin zu einer klimaverträglichen Wirtschaft wird zwar auch Geld kosten. Aber die Wertschöpfung wird zum grossen Teil in der Schweiz bleiben und schafft hier Arbeitsplätze. Alle Massnahmen gegen den Klimawandel kosten weniger als das, was ein katastrophaler Klimawandel an Leid und Kosten verursacht. Gemäss einer Studie der ZHAW von 2021 ist das Wertschöpfungspotential eines beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz um mehr als 80 Prozent höher als bei einem moderaten Ausbau. Der ETH-Professor und Unternehmer Anton Gunzinger hat ebenfalls ein Energiemodell durchgerechnet. Demzufolge kostet eine Energieversorgung, die ohne fossile und atomare Energie auskommt, bis 2050 1050 Milliarden Franken – wovon zwei Drittel im Inland bleiben. Der Erhalt des Status Quo kostet dagegen 1790 Milliarden, wovon nur 500 Milliarden in der Schweiz blieben. Das Modell Gunzinger böte 200 000 Arbeitsplätze, der Status Quo nur 140 000.

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Welche Chancen bietet die Gletscher-Initiative für die Wirtschaft?

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Initiative Wirtschaft

Der technologische Umbau muss weltweit stattfinden. Die Schweiz kann mitmachen und den Umbau als Chance nutzen – oder sie kann abseits stehen. Nutzt die Schweiz den Umbau als Chance, indem sie beispielsweise klimafreundliche Techniken entwickelt, trägt sie auch über die Landesgrenzen hinaus zur Lösung der Klimakrise bei. Doch natürlich kennt jeder Wandel Gewinner und Verlierer. Die Erdölwirtschaft muss zu den Verliererinnen gehören. Sie wird sich wehren. Aber es gibt keinen Grund anzunehmen, die Wirtschaft als Ganze werde geschädigt. Falls gewisse Produktionsprozesse in der Schweiz durch klimapolitische Instrumente verteuert werden, darf das nicht zu einem Nachteil für die einheimische Wirtschaft führen. Absatz 4 der Gletscher-Initiative ermöglicht Instrumente, um solche allfälligen Nachteile auszugleichen.

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Das ist doch extrem!

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Initiative

Nein. Es ist eine grosse Aufgabe, aber keine extreme Forderung. Wenn die Schweiz die Gletscher-Initiative umsetzt, vollzieht sie nur, was 2015 die Mitglieder der Uno im Konsens beschlossen haben. Unsere Forderung ist nicht extrem – aber radikal, in dem Sinne, dass es ein Problem an seiner Wurzel packt.

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Müssen wir für einen Ausstieg aus den fossilen Energien unseren Lebensstil ändern?

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Netto-Null

Wenn es nicht gelingt, die Erwärmung zu begrenzen, werden Hitze, Dürre, veränderte Niederschlagsmuster und Unwetterkatastrophen Lebensstiländerungen in grossem Ausmass erzwingen – vielerorts tun sie das heute schon. Auch Massnahmen zur Begrenzung des Klimawandels werden Lebensstiländerungen mit sich bringen. Doch solche Änderungen kann man planen und kann darüber befinden; bei Katastrophen und Notmassnahmen wird das nicht der Fall sein. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Lebensstil in einer klimaverträglichen Welt schlechter sein wird als unserer heute. Im Gegenteil: Der 1,5-Grad-Spezialbericht des Uno-Klimarats IPCC vom Oktober 2018 zeigt, dass die Auswirkungen einer ambitionierten Klimapolitik auf die Entwicklungsziele der Uno (Reduktion von Armut, Hunger und so weiter) mehrheitlich positiv sein werden.

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Müssen wir für einen Ausstieg aus den fossilen Energien das System ändern?

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Netto-Null

Diese Frage wird immer wieder gestellt. Doch was ist eigentlich «das System»? Wir sprechen lieber von «Systemen» – in der Mehrzahl. Da ist beispielsweise das Energiesystem: Es muss auf jeden Fall umgebaut werden, denn die heutige Energieversorgung ist klimaschädigend und widerspricht damit der Bundesverfassung, die eine umweltverträgliche Energieversorgung verlangt (Art. 89). Der Welt-Klimarat IPCC stellt zudem fest, dass «Systemübergänge in allen Bereichen der Wirtschaft» nötig seien (IPCC SR1.5 SPM C.2). Gewisse Systeme müssen wir also auf jeden Fall ändern, andere vielleicht auch nicht. Sicher bleibt jedenfalls: Handeln müssen wir, bevor wir «das System» – was immer das sein mag – geändert haben. Nämlich jetzt.

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Wird man noch Fleisch essen können?

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Netto-Null

Ja. Auch in einer nachhaltigen Landwirtschaft spielt die Tierhaltung eine wichtige Rolle. Die Gletscher-Initiative äussert sich nicht explizit zur Fleischproduktion. Soweit die Tierhaltung Treibhausgase produziert, müssen für die entsprechenden Emissionen Senken bereitstehen. Die Landwirtschaftsgesetzgebung muss konsequenter auf Umweltverträglichkeit ausgerichtet werden. Viele Futtermittel für die Schweizer Tierhaltung werden importiert. Die Aussenhandelspolitik der Schweiz muss gewährleisten, dass keine Futtermittel importiert werden, für deren Produktion Wälder gerodet und Feuchtgebiete trocken gelegt werden, denn die Zersrörung dieser Ökosysteme verursacht enorme Mengen Treibhausgase. Der Fleischkonsum der Schweiz pro Kopf ist im internationalen Vergliche hoch. Wollten alle Menschen auf der Welt so viel Fleisch (und Milchprodukte) essen, würde die Welternährung kollabieren. Eine Reduktion des Pro-Kopf-Fleischkonsums ist sowohl aus ökologischen Gründen wie aus sozialen Gründen angezeigt.

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Was bringt ein Alleingang der Schweiz?

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Initiative

Ein Alleingang brächte wenig. Aber die Schweiz handelt nicht allein: Sie hat sich im Rahmen der internationalen Klimadiplomatie völkerrechtlich verpflichtet – wie alle anderen. Alle Staaten müssen ihre Treibhausgasemissionen auf null senken – die reichen Länder schneller als die anderen. Im Februar 2021 haben sich die USA und Kanada auf das Netto-Null-Ziel bis 2050 geeinigt. Zwei Monate später hat die EU ein einheitliches Klimagesetz gutgeheissen. Dieses sieht ebenfalls vor, bis 2050 netto null Treibhausgase zu emittieren sowie die CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 55% zu reduzieren. Länder wie Österreich und Schweden gehen einen Schritt weiter und wollen ihre Emissionen bis 2045 auf netto null senken, Finnland sogar bis 2035.

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Muss man die ganze Schweiz mit Windrädern und Solarpanels überziehen, wenn es keine fossile Energie mehr gibt?

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Netto-Null

Nein. Bisherige Vorschriften des Natur-, Gewässer-, Landschafts- oder Heimatschutzes bleiben in Kraft und müssen auch bei einem Ausbau erneuerbarer Energieanlagen respektiert werden. Es geht nicht darum, den heutigen, sehr hohen Energieverbrauch eins zu eins zu ersetzen. Man kann Energie viel besser nutzen, als es heute geschieht. Die so genannte 2000-Watt-Gesellschaft sieht vor, den Energieverbrauch pro Kopf um zwei Drittel zu senken. Zahlreiche Städte und Kantone haben sich zu diesem Ziel bekannt. Gewiss: Die Kapazitäten der erneuerbaren Stromproduktion müssen ausgebaut werden, und die meisten Formen erneuerbarer Energie beanspruchen mehr Fläche als die fossile Energie. Es geht darum, an jedem Standort das zu tun, was sinnvoll ist. Für Solarpanels sind beispielsweise noch sehr viele Flächen im überbauten Gebiet verfügbar (etwa Hausdächer).

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Was sagt die Gletscher-Initiative zum Finanzplatz?

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Initiative

Die Schweiz ist ein kleines Land, aber ein grosser Player auf dem globalen Finanzmarkt. Das Pariser Übereinkommen fordert, dass auch die Finanzmitttelflüsse mit dem Ziel einer treibhausgasfreien Welt in Einklang gebracht werden. Trotzdem investieren Schweizer Banken, Versicherungen und Pensionskassen nach wie vor in Anlagen der Kohle-, Erdöl- und Erdgasgewinnung. Die Gletscher-Initiative enthält keine Bestimmung zum Finanzplatz. Bis sie angenommen ist und das Ausführungsgesetz in Kraft ist, dürfte es 2028 werden. Das ist zu spät: Die Investoren müssen sich so bald als möglich aus den fossilen Anlagen zurückziehen.

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Was sagt die Gletscher-Initiative zu den Grauemissionen?

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Initiative

Der grösste Teil der Treibhausgasemissionen, die der Schweizer Konsum verursacht, fällt nicht in der Schweiz, sondern im Ausland an, wo diese Produkte mehrheitlich produziert werden. Man spricht von «Grauemissionen». Die Gletscher-Initiative kann keine Vorschriften erlassen, wie in anderen Ländern produziert wird. Im Rahmen des Pariser Übereinkommens sind aber auch diese Länder verpflichtet, ihre Emissionen zu eliminieren. Absatz 4 der Gletscher-Initiative ermöglicht zudem, dass allfällige Nachteile für die einheimische Wirtschaft mit geeigneten Massnahmen ausgeglichen werden. So verhindern wir, dass emissionsintensive Industrien einfach ins Ausland abwandern und dort weiter emittieren – statt ihre Emissionen zu reduzieren.

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Was sagt die Schweizer Bundesverfassung zum Klimaschutz?

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Initiative

Der vorgeschlagene Artikel 74a konkretisiert bestehende, bislang unerfüllte Ziele der Bundes­ver­fassung: Art. 2: «Die schweizerische Eidgenossenschaft setzt sich ein für die dauer­haf­te Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen (…).» Art. 10: «Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben.» Art. 73: «Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Ver­häl­tnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits an.» Art. 74: «Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz des Men­schen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen. Er sorgt da­für, dass solche Einwirkungen vermieden werden. Die Kosten der Vermeidung und Beseitigung tra­gen die Verursacher.» Art. 89: «Bund und Kantone setzen sich (…) ein für eine (…) umweltverträgliche Ener­gie­versorgung (…).»

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Verbietet die Initiative auch die Einfuhr von Kunststoffen, die aus fossilem Kohlenstoff hergestellt ist?

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Initiative

Nein. Wenn solche Kunststoffe in einer Kehrichtverbrennungsanlage verbrannt werden, entsteht CO2. Diese Emissionen sind von Artikel 2 der Initiative erfasst: Sie bleiben nur zulässig, soweit Senken die entsprechenden Emissionen zu neutralisieren vermögen. Die Kunststoffherstellung braucht Kohlenstoff. Heute stammt dieser Kohlenstoff zumeist aus Erdöl. Man kann ihn aber durch Kohlenstoff ersetzen, den man aus pflanzlichen Abfällen gewinnt oder der Atmosphäre entzieht.

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Der technische Fortschritt bringt sowieso effizientere Technik und neue Energien hervor. Genügt es nicht, den Markt spielen zu lassen?

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Netto-Null Wirtschaft Initiative

Nein: Die Technik alleine wird uns nicht retten. Aber sie ist ein wichtiger Faktor. Die Technik entwickelt sich immer unter gewissen politischen Rahmenbedingungen. Oft hindern sogenannte Pfadabhängigkeiten neue Techniken, die eigentlich vorteilhaft wären, an einem Durchbruch. Um der Klimakrise beizukommen, bedarf es einer technologischen Transformation. Die Voraussetzungen dafür muss die Politik schaffen.

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Warum bevorzugt ihr einen Kompromiss (Gegenvorschlag) gegenüber einem Verfassungsartikel? Ein Verfassungsartikel ist doch viel mehr wert.

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Indirekter Gegenvorschlag

Ein Verfassungsartikel ist hierarchisch mehr wert als ein Gesetz, aber ein Verfassungsartikel braucht ein ausführendes Gesetz, um zu wirken. Würden wir die Gletscher-Initiative zur Abstimmung bringen und gewinnen, müsste nach Annahme der Initiative noch ein Gesetz ausgearbeitet werden, was bis zu fünf weitere Jahre dauern könnte. Der indirekte Gegenvorschlag hingegen kann bald nach der Abstimmung in Kraft treten. Weil die Schweiz keine Verfassungsgerichtsbarkeit kennt, kann ein Verfassungsartikel auch nicht eingeklagt werden, wenn er – wie etwa der Alpenschutzartikel – nicht erfüllt ist. Darum bietet der Verfassungsrang eigentlich nur einen Scheinvorteil.

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Was ist im indirekten Gegenvorschlag enthalten?

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Indirekter Gegenvorschlag

Das neue Gesetz ist ein Rahmengesetz mit dem Namen «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz» (KlG). Es setzt in erster Linie Ziele, enthält aber auch ein paar Massnahmen. Dazu gehören unter anderem Netto-Null-Fahrpläne für Unternehmen, die Förderung neuartiger Technologien und Prozesse, die Risikoabsicherung und ein Impulsprogramm für Heizungsersatz und Energieeffizienz.

Für einen wirksamen Klimaschutz braucht es aber noch mehr Massnahmen, welche zum Beispiel im CO2-Gesetz und im Energiegesetz geregelt sind. Das KlG sieht denn auch vor, dass der Bundesrat periodisch Umsetzungsvorlagen ausarbeiten muss.

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Genügt der indirekte Gegenvorschlag, um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen? Und wie viel Einfluss hat die Schweiz damit auf den weltweiten Klimawandel?

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Indirekter Gegenvorschlag

Nein, das vorliegende Gesetz ist zu wenig und kommt zu spät. Die Schweiz hat viel Zeit verloren (wie die meisten Länder der Welt), um die Klimakrise rechtzeitig in den Griff zu kriegen. Das können wir mit dem besten Gesetz nicht aufholen.

Aber das neue Gesetz schlägt die richtige Richtung ein. Vor allem die Netto-Null-Fahrpläne für Unternehmen haben das Potenzial, eine Eigendynamik auszulösen, mit der wir die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen schliesslich schneller erreichen könnten als vorgesehen.

Auch wenn der Einfluss der Schweiz begrenzt ist, darf dies keine Ausrede sein: Die Emissionen müssen weltweit auf Netto-Null, auch in den kleinen Ländern. Mit dem neuen Gesetz kann die Schweiz zudem über ihre Grenzen hinaus wirken: Die Unternehmen sind angehalten, Netto-Null-Fahrpläne über ihre gesamte Wertschöpfungskette zu erstellen; dabei werden sie vom Bund unterstützt. Und: Neuartige Technologien und Prozesse, die in der Schweiz mit dem Gesetz bis zur Marktreife gefördert werden, wirken ebenfalls in anderen Ländern.

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Das Massnahmenpaket im indirekten Gegenvorschlag kostet 3,2 Milliarden Franken über 10 Jahre. Hat der Bund genügend Geld dafür?

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Indirekter Gegenvorschlag

Endlich werden Bundesgelder für den Klimaschutz eingesetzt. Bis anhin war dies nicht der Fall. Der Bundesrat bzw. das Parlament müssen diese Ausgaben nun entsprechend im Bundesbudget einplanen. Die Investitionen lohnen sich:

  • In den letzten Jahren zahlte die Schweiz durchschnittlich 8 Milliarden pro Jahr (2022 dürfte es wegen der hohen Weltmarktpreise wesentlich mehr sein) für fossile Energien ins Ausland. Das Heizungsersatz- und Energieeffizienz-Programm schafft dagegen Wertschöpfung in der Schweiz. 
  • Die Förderung neuartiger Technologien und Prozesse bringt die Wirtschaft in die richtige Richtung voran. 
  • 3,2 Milliarden für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, verteilt über zehn Jahre, sind wenig. Vergleich: Das Parlament hat vor allem für die Armee zusätzliche Ausgaben von mehreren Milliarden pro Jahr beschlossen. Der jüngste Ausbauschritt der Autobahnen soll 4 Milliarden kosten – 4 Milliarden für mehr CO2-Emissionen. 
  • Das Parlament hat Steuerreformen beschlossen oder dürfte sie demnächst beschliessen, die zu Mindereinnahmen führen. Es ist nicht redlich, auf der einen Seite zu klagen, man habe zu wenig Geld – und auf der anderen Seite die Einnahmen zu senken.
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Die 200 Millionen jährlich für den Ersatz von Heizungen und Gebäudesanierungen kommen doch nur Hauseigentümer:innen zu Gute. Ist das fair?

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Indirekter Gegenvorschlag

Von diesen Investitionen profitieren namentlich auch Mieter:innen: 

  • Eine erneuerbare Heizung hat viel tiefere Betriebskosten, was tiefere Nebenkosten bedeutet. 
  • Ein Teil der Sanierungskosten werden vom Bund übernommen, entsprechend können Hauseigentümer:innen diese auch nicht auf Mieter:innen überwälzen. Der Spielraum für allfällige Mietzinserhöhungen ist somit kleiner. Kommt es trotzdem zu Mietzinserhöhungen, werden diese durch tiefere Nebenkosten überkompensiert.: Unter dem Strich zahlen die Mieter:innen nach dem Heizungswechsel weniger fürs Wohnen.
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Braucht es die Subventionen überhaupt noch? Die Kantone Zürich, Basel-Stadt und Glarus haben bereits ein Verbot für Fossilheizungen beschlossen, die Energiedirektorenkonferenz empfiehlt allen Kantonen ein solches Verbot ab 2030.

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Indirekter Gegenvorschlag

Die erwähnten Verbote sind sinnvoll und wichtig, aber es gibt sie heute erst in drei Kantonen und sie verbieten nur die Neuinstallation fossiler Heizungen. Noch immer sind aber 60 Prozent aller Heizungen Öl-, Gasheizungen und 7 Prozent elektrische Widerstandsheizungen. (Zahlen aus 2017, Bundesamt für Statistik). Diese sollten möglichst schnell ersetzt werden und nicht erst, wenn das Ende ihrer Lebensdauer erreicht ist.

2019 wurden in der Schweiz erstmals mehr erneuerbare als fossile Heizungen installiert. Dieser Trend dürfte sich mit dem Ukrainekrieg 2022 verstärkt haben. Beim Heizungsersatz gab es 2021 erstmals mehr erneuerbare als fossile Heizsysteme. Auch wenn der Trend erfreulich ist, bedeutet das, dass immer noch fast jede zweite Öl- oder Gasheizung durch eine ebensolche ersetzt wird. Diese Heizungen werden 20 bis 25 Jahre in Betrieb sein und CO2 emittieren. Umso wichtiger sind die Investitionen, um den Umbau schnell voranzubringen.

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Warum enthält der indirekte Gegenvorschlag keine Massnahmen zur Energiegewinnung? Was ist mit der Photovoltaik oder der Windenergie?

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Indirekter Gegenvorschlag

Das neue Gesetz setzt vor allem Ziele, wie wir die Treibhausgas-Emissionen auf netto null senken, also wie wir die fossilen Energieträger loswerden. Es befasst sich nicht mit dem Zubau der erneuerbaren Alternativen – dazu gibt es das Energiegesetz. Darum sagt es auch nichts über Solar- oder Windenergie aus.

Der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative beinhaltet aber auch eine Änderung des Energiegesetzes: das Impulsprogramm Heizungsersatz & Energieeffizienz.

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Baptiste Hurni
Nationalrat SP
«Es geht nicht mehr darum zu bestimmen, ob wir unsere CO2-Emissionen entfernen müssen oder nicht. Die Frage ist wann! Die Initiative setzt sich für ein ambitioniertes aber realistisches Ziel, welches die einzige mögliche Antwort der Schweiz in diesem internationalen Kampf gegen den Klimawandel ist.»