Am 9. und 10. Juni hat der Nationalrat das CO2-Gesetz beraten. In den meisten Punkten folgte er dem Ständerat. Die SVP hatte mit ihrer Totalopposition keine Chance.
Das revidierte CO2-Gesetz löst das gegenwärtige Gesetz ab, das Ende 2020 ausläuft, und setzt Emissionsziele bis zum Jahr 2030. Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer angemessenen Klimapolitik und zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015. Es bleibt aber ein viel zu kleiner Schritt.
Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen in der Schweiz gegenüber 1990 um 37,5 Prozent sinken. Zusätzliche 12,5 Prozent sollen im Ausland «kompensiert» werden, um auf dem Papier eine Reduktion von 50 Prozent zu erreichen. Das ist eine Verbesserung gegenüber dem Ständerat, der lediglich eine Senkung um 30 Prozent im Inland (und Auslandkompensationen von 20 Prozent) wollte. Es bleibt aber bei weitem ungenügend: Mit diesem Reduktionsziel wird die Schweiz den ihr zustehenden Anteil am verbleibenden globalen CO2-Budget schon vor 2030 aufgebraucht haben, soll die Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzt bleiben.
Erfreulich ist, dass der Nationalrat einer Flugticketabgabe mit deutlicher Mehrheit zugestimmt hat, obwohl die Gegner*innen heftig dagegen polemisiert hatten. Die Mehrheit folgte dem Solothurner CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt, der feststellte: «Die Abgabe wird nicht zum Wettbewerbsnachteil gereichen.»
Allerdings hat der Nationalrat die ständerätliche Vorlage auch in mehreren Punkten abgeschwächt. So sollen verschärfte CO2-Grenzwerte für Heizungen von Altbauten erst 2026 statt 2023 in Kraft treten. Zudem wollte der Ständerat die heute bestehende Umweltverträglichkeitsprüfung für grössere Bauvorhaben auf Klimaindikatoren erweitern und somit eine Klimaverträglichkeitsprüfung einführen. Diese Neuerung ist bereits in der vorberatenden Kommission des Nationalrats durchgefallen.
Die Grundfehler in der Architektur des CO2-Gesetzes bleiben bestehen: Das Gesetz sieht kein langfristiges Emissionsziel vor, respektive versäumt es, festzulegen, bis wann die Emissionen spätestens Netto-Null erreicht haben müssen. Das wichtigste Instrument zur Emissionssenkung, die CO2-Abgabe, bleibt auf Brennstoffe begrenzt. Für Treibstoffe gilt weiterhin eine Kompensationspflicht, die zu einer Verteuerung des Benzins um maximal 12 Rappen führen kann. Diese Massnahme ist jedoch für den Straßenverkehrssektor unzureichend. Der internationale Luftverkehr bleibt trotz Flugticketabgabe von den Emissionszielen ausgenommen.
Nun muss die Vorlage zur Differenzbereinigung zurück in den Ständerat. Der Verein Klimaschutz Schweiz erwartet, dass die Räte die Dringlichkeit der Klimakrise endlich anerkennen und die Beratungen nicht durch ein langes Hin-und-Her weiter verzögern.
Sollte die SVP wie angekündigt das Referendum ergreifen, wird sich der Verein Klimaschutz Schweiz für das CO2-Gesetz einsetzen – im Bewusstsein, dass es ungenügend ist. Die Gletscher-Initiative ist der nächste Schritt, um die Schweiz auf Klimakurs zu bringen.