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#Klimapolitik
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SVP-Behauptungen im Faktencheck

Die SVP sammelt Unterschriften gegen das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative). Auf dem Referendumsbogen führt sie sechs Punkte auf, die aus ihrer Sicht gegen das neue Klimaschutz-Gesetz sprechen. Auf Wunsch vieler Vereinsmitglieder haben wir die Behauptungen einem Faktencheck unterzogen.

Fakt ist: Das «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit» stärkt die Energiesicherheit.

Die SVP behauptet jedoch: «Das neue gefährliche Klimaschutz-Gesetz ist in Wahrheit ein ‹Stromfresser-Gesetz›. Heizöl, Benzin, Diesel und Gas sollen verboten werden. Das Resultat: Der Stromverbrauch steigt massiv. Denn Heizen und Auto fahren wären nur noch elektrisch möglich. Obwohl wir heute schon zu wenig Strom haben!»

Wir haben heute genug Strom. Wenn von Strommangel die Rede ist, liegt das insbesondere an der angespannten Lage des internationalen Strommarkts infolge des Ukrainekriegs. Dieser Krieg bedroht die Versorgung mit fossiler Energie viel mehr als die Stromversorgung. Das Klimaschutz-Gesetz weist den Weg aus der Abhängigkeit von den fossilen Energiequellen Erdöl, Erdgas und Kohle.

Die Dekarbonisierung des Energiesystems wird zwar die Stromnachfrage erhöhen, sie wird aber den Gesamt-Energiebedarf senken, weil elektrische Anwendungen effizienter sind als fossile: Bei gleichbleibendem Konsum sinkt mit der Dekarbonisierung der Energiebedarf. Die erneuerbare Stromproduktion wird aktuell stark ausgebaut, um den zukünftigen Stromverbrauch decken zu können. Dies hätte bereits viel früher passieren können, wäre der Ausbau in den letzten Jahren – u.a. von der SVP – nicht verhindert worden.

Das Klimaschutz-Gesetz fördert neben dem Ersatz fossiler Heizungen auch den Ersatz der grössten Stromverschwender: elektrische Widerstandsheizungen. Sie verbrauchen Strom, um Wärme zu produzieren. Wärmepumpensysteme hingegen heizen mit Umgebungs- oder Erdwärme. Sie brauchen im Betrieb zwar Strom, aber nicht, um Wärme zu produzieren, sondern für den Wärmetransport. Sie sind 3-6 mal effizienter als fossile oder rein elektrische Heizungssysteme.

Fakt ist: Die Dekarbonisierung trägt zu Stabilität und tieferen Strompreisen bei.

Die SVP behauptet: «Das neue gefährliche Klimaschutz-Gesetz vervielfacht den Stromverbrauch bis 2050. Die Preise explodieren angesichts der steigenden Nachfrage und der künstlichen Verknappung weiter. Genügend Strom wird zum Luxus für Reiche! Die Folgen: Die Industrie muss ihre Produktion ins Ausland verlegen. Das heisst Arbeitslosigkeit, Verarmung und soziale Unruhen.»

Dank dem Klimaschutz-Gesetz werden wir in Zukunft eine sichere Energieversorgung zu stabileren und tieferen Preise haben. Dass im Jahr 2022 die Strompreise teilweise massiv gestiegen sind, liegt vor allem an den in der Folge des Ukrainekriegs gestiegenen Gaspreise – denn die Märkte für Erdgas und Strom sind eng gekoppelt. Mit der Dekarbonisierung machen wir uns unabhängig von fossiler Energie und schützen uns vor den extremen Preisschwankungen.

Am billigsten lässt sich Strom heute erneuerbar produzieren: mit Photovoltaik und Windkraft (vgl. hier oder, ausführlicher, hier). Denn die Entstehungskosten für erneuerbare Energie sind günstiger als die der konventionellen Stromproduktion. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) stellt in ihrem World Energy Outlook 2022 fest, dass Staaten mit einer diversifizierten Energieversorgung und einem gut ausgebauten Angebot erneuerbarer Energien weniger von Energieknappheit und steigenden Energiepreisen betroffen waren.

Fakt ist: Das Klimaschutz-Gesetz legt Zwischenziele fest und sieht Fördergelder vor.

Die SVP behauptet: «Mitte-Links will bis 2050 die fossilen Energieträger Heizöl, Benzin, Diesel und Gas verbieten, um ‹Netto Null› zu erreichen. Ohne einen Plan zu haben, wie gleichzeitig genügend bezahlbarer und unabhängiger Strom für uns alle produziert werden kann.»

Das Gesetz enthält Fördergelder, kein Verbot. Das Gesetz sieht aber ein Bekenntnis zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien vor. Und das tut auch Not: Denn längerfristig kann eine Energieversorgung mit Erdöl, Erdgas und Kohle nicht klimaverträglich sein.

Mit den Fördergeldern gibt das Klimaschutz-Gesetz einen Plan vor. Sie werden zum einen für den Heizungsersatz und die Energieeffizienz von Gebäuden eingesetzt. So wird der Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme beschleunigt und weniger Energie verschwendet. Zum anderen erhalten Unternehmen Unterstützung bei der Erarbeitung von Netto-Null-Fahrplänen und der Förderung neuartiger Technologien.

Zudem befindet sich das Energiegesetz in der Beratung im Parlament, welches den nötigen Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben soll. Dieser Ausbau wurde in der Vergangenheit nicht ausreichend schnell vorangetrieben. Gebremst hat namentlich die SVP.

Fakt ist: Der Umbau des Energiesystems bringt wirtschaftlichen Nutzen.

Die SVP behauptet: «Der geplante Umbau der Energieversorgung führt zu geschätzten Kosten von 347 Milliarden Franken – mindestens! Bezahlen müssen die Hausbesitzer und Mieter, die Auto-, Lastwagen- und Töff-Fahrer, die Familien, Gewerbler – kurz wir alle! Die verantwortungslosen Utopien von Mitte-Links kosten Hunderte Milliarden – auch dann noch, wenn die verantwortlichen Politiker längst nicht mehr im Amt sind!»

Bürger und Bürgerinnen profitieren. Denn eine dekarbonisierte Energieversorgung spart längerfristig mehr Kosten ein als sie verursacht – und das noch ohne Berücksichtigung der vermiedenen Klimaschäden! Damit rechnen die wissenschaftlichen Szenarien.

Dank dem Klimaschutz-Gesetz werden Milliarden in die Schweizer Wirtschaft investiert, anstatt ins Ausland abzufliessen. Denn aktuell fliessen jährlich mehrere Milliarden Franken ins Ausland für den Einkauf von Erdöl und Gas. Mit der Herstellung von Energie durch Photovoltaik und Windkraft im Inland behalten wir die Wertschöpfung bei uns. Dies schafft Arbeitsplätze.

Mit einer inländischen und dezentralen Energieversorgung gewinnen wir sowohl an Unabhängigkeit als auch an Stabilität für die Wirtschaft. Wenn wir Energie im Inland herstellen, so behalten wir schliesslich auch die Wertschöpfung bei uns. Mit dieser weitsichtigen Planung stärken wir die Versorgungssicherheit und reduzieren damit die Verletzlichkeit unserer Unternehmungen. Denn je später wir damit beginnen, umso teurer dürfte uns dieser Transformationsprozess mit Anpassungs- und Schutzmassnahmen zu stehen kommen.v

Für die geschätzten Kosten verwendet die SVP eine falsche Zahl. In einem Positionspapier gibt sie als Quelle einen NZZ-Artikel aus dem Jahr 2021 an, der sich wiederum auf eine Studie der Bankiervereinigung (Swiss Banking) bezieht. Allerdings geht es darin nicht um 347 Milliarden, sondern um  387,2 Milliarden Franken – da hat die SVP falsch abgeschrieben.

Die 387,2 Milliarden bezeichnen Investitionen – und zum grösseren Teil Erneuerungsinvestitionen, die unabhängig vom Klimaziel sowieso anfallen. 91% dieser Investitionen werden laut der Studie vom privaten Kapitalmarkt aufgebracht. Private Investitionen sind per Definition Geldanlagen, die einen Gewinn erwirtschaften – also das Gegenteil von «Kosten»! Ziel der Studie war es, abzuschätzen, ob der Investitionsbedarf für eine Dekarbonisierung der Energieversorgung gedeckt werden kann. Resultat: «Das Netto-Null-Ziel ist finanzierbar». Auch der NZZ-Autor kommt zum Schluss: «Das am Donnerstag veröffentlichte Ergebnis ist erfreulich optimistisch ausgefallen.»

Fakt ist: Das Parlament entscheidet über jede weitere Klimaschutzmassnahme.

Die SVP behauptet: «Das neue gefährliche Klimaschutz-Gesetz ermöglicht extremste Massnahmen ohne Mitbestimmungsrecht: Verbot von Flugreisen, Einschränkungen des Fleischkonsums, Verbot von Öl- und Gasheizungen, Verbot von Diesel- und Benzinfahrzeugen und Zwang zum teuren Einbau von Solaranlagen.»

Die SVP behauptet: «Zusätzlich kann der Bundesrat mit dem neuen gefährlichen Klimaschutz-Gesetz im Alleingang Vorschriften zum Erreichen von ‹2050 Netto Null› erlassen. Zum Beispiel Vorschriften für die Dämmung von Fassaden und Dächern alter Häuser oder Zwangsverordnungen für die Ausrüstung aller Hausdächer mit Solaranlagen. Oder das Verbot von Diesel- und Benzin-Motoren. Damit wird der Föderalismus ausgehebelt, die direkte Demokratie wird übergangen. Wir alle haben nichts mehr zu sagen!»

Jede weitere Klimaschutzmassnahme wird den normalen demokratischen Prozess durchlaufen. Ein Blick ins Gesetz zeigt, dass in Art. 11 steht: «Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung (...) rechtzeitig Anträge zur Umsetzung der Ziele dieses Gesetzes.» Keine «Vollmachten», keine Vorschriften «im Alleingang», keine «Zwangsverordnungen», keine «Aushebelung von Föderalismus und Demokratie». Das Gesetz sieht Ziele, Zwischenziele, ein Impulsprogramm für den Heizungsersatz sowie Förderungsbeiträge für Innovationen und Pilotprojekte vor. Die Dämmung alter Häuser wird nicht vorgeschrieben, sondern mit dem Impulsprogramm finanziell unterstützt.

Fazit: Die SVP verbreitet Falschinformationen. Von sechs Behauptungen sind sechs falsch. Für eine sichere, stabile und nachhaltige Stromversorgung braucht es eine längerfristige Planung und Investitionen. Das Klimaschutz-Gesetz bietet beides. Die SVP hingegen bietet gar nichts. Sie sagt einfach Nein ohne Lösungen zu liefern. Dieses Verhalten wird uns alle teuer zu stehen kommen.

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